Ich hätte ja nie gedacht, dass ich in diesem Leben noch mal was über Kapitänin Rackete schreiben würde, weil ich eigentlich angenommen hatte, sie würde ziemlich flugs in der Mottenkiste der Geschichte – oder in Salvinis persönlichem Folterkeller – verschwinden, aber weit gefehlt. Da ist sie wieder, die Seenotrakete der Herzen ...
Nachdem sie sich mit ihrer Aktion, ungefragt in den Hafen von Lampedusa einzufahren, um durch das Löschen ihrer Ladung Salvinis Fremdenhass zu schüren, ja eigentlich als Menschenrechtsaktivistin einen Namen gemacht hatte, stand sie heute plötzlich in Berlin, um im Rahmen der Proteste von Extinction Rebellion die Ausrufung des ökologischen Notstandes zu fordern.
Wie jetzt? Wird man tatsächlich so schnell von einer Menschenrechtsaktivistin zur Umweltaktivistin? Wenn die Frau in diesem Tempo weitermacht, wird sie 2020 für den Friedensnobelpreis und die Mahatma Gandhi-Gedächtnismedaille nominiert und gewinnt spätestens 2022 das Dschungelcamp.
Oder ist das öffentliche bzw. mediale Interesse für den Klimaschutz im Moment einfach besser zu monetarisieren, als die Seenotrettung? Im Kielwasser von Fridays for Future gibt es da ja offensichtlich ordentliches Potenzial, und mal ehrlich, wer sitzt denn nicht gerne bei Anne Will und – what the fuck ist eigentlich Extinction Rebellion? Wo kommen die denn plötzlich her?
Ich habs gegoogelt: Extinction Rebellion ist eine im Oktober 2018 gegründete Weltuntergangssekte, die "mit friedlichem Ungehorsam auf den drohenden Klimakollaps und das massive Artensterben aufmerksam macht". Pfff. Kommt mir jetzt irgendwie ein bisschen bekannt vor. Gibt es dann demnächst Sundays for Sunbeds an überbuchten italienischen Stränden, Tuesday for Touris (als Interessenvertretung aller Kunden von Thomas Cook) und Wednesdays against Warkoholics wie den durchgeknallten Augenarzt in Syrien?
Soll ich euch mal was verraten, liebe Klimaaktivisten? Klimaschutz sollte kein Selbstzweck sein. Es geht nicht darum, der Welt zu zeigen, wer die geilere Organisation hat. Und Demos alleine sind's auch nicht. Selbst was tun, wäre angesagt. Auto verkaufen und Bahn fahren zum Beispiel. Oder zu Hause Urlaub machen, anstatt auf den Malediven. Ich weiß schon, das ist schwierig, mache ich aber zum Beispiel auch nicht ... Urlaub auf den Malediven. Mir gefällt es auf den Seychellen einfach besser.
Und dann wäre da meines Erachtens noch ein Problem: Jeder noch so gut gemeinte Protest nutzt sich spätestens dann ab, wenn er niemanden mehr interessiert, weil demonstrierende Aktivisten genauso zum Stadtbild gehören, wie Karstadt oder H&M. Oder, wenn der Protest der Mehrheit nur noch auf die Nerven geht. Das wäre dann der klimatische Super-GAU, den wir tunlichst vermeiden sollten, wenn wir die drohende Klimakatastrophe kurz vor zwölf – zwischen der Papaya-Brotzeit und der nächsten Tankfüllung – doch noch abwenden wollen. Und wenn vermeintlich friedliche Protestaktionen dann auch noch von der Polizei aufgelöst werden, wie heute in Berlin, wird's ganz knifflig.
Das ist dann nämlich Öl auf das Feuer der Klimaverweigerer, weil die haben ja schon immer gewusst, dass diese Klimafuzzis allesamt Verbrecher sind und keine Ahnung haben, weil WIR – gemeint sind all die Karnevalisten, die den Klimawandel tatsächlich immer noch abstreiten – früher ja VIEEEEEL nachhaltiger gelebt haben, als diese aufsässigen Greta-Jünger.
Wir – also ich ehrlich gesagt nicht – haben noch Geschenkpapier gefaltet und wiederverwendet, zerschlissene Kleidung geflickt und keine Energy Drinks, sondern Wasser von Nestlé getrunken – im Übrigen einer der schlimmsten Ausbeuter des afrikanischen Kontinents, aber der Neger hatte ja noch nie viel Wasser, da kann man den Rest locker nach Europa verkaufen. Und mit Handys haben wir schon gar nicht telefoniert.
Alles richtig, aber was für unfassbar dämliche Halbwahrheiten sind das denn? Wir haben in den 80ern aus einem einzigen Grund nicht mit Handys telefoniert: WEIL ES KEINE GAB. Und woraus haben wir denn bitte unsere Bic Macs gefressen, als Mc Donald's endlich nach Deutschland kam? AUS STYROPORSCHACHTELN!
Ja, wir waren schon ziemlich nachhaltig damals ...
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