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AutorenbildMilaidin

In Dr. Grubers Namen

Aktualisiert: 23. Aug. 2020

Heute schreibe ich mal keinen launigen Artikel über irgendeine abstruse Begebenheit in meinem an sich ja vergleichs- und dankenswerterweise eher unspektakulären Leben – wenn man von den letzten drei Jahren mal absieht, aber das ist eine andere Geschichte, die ganz im Sinne von Michael Ende ein andermal erzählt werden soll.


Also. Wo soll ich anfangen? Erinnert sich noch jemand an Andrea Junginger? Das war die Verlobte von Dr. Gruber in der dritten Staffel von "Der Bergdoktor". Eine tolle Frau. Anwältin. Tough. Witzig. Und in den Augen vieler Menschen vermutlich leicht dümmlich, weil sie Anfang der vierten Staffel – Achtung Spoiler – angesichts einer lebensbedrohlichen und nicht wirklich operablen Hirnblutung beschlossen hat, mit ihrer Leber – die sie zukünftig, weil tot, ja nicht mehr zwingend brauchen würde – zwei Babys – Jan und Ben übrigens – das Leben zu retten.


Alles nur Fiktion. Klar. Manipulativ. Unrealistisch, weil der Mensch dazu neigt, nach jedem Strohhalm zu greifen, wenn es um sein eigenes Leben geht. Dramatisch. Theatralisch, aber wisst ihr was? Ich heule trotzdem jedes Mal, wenn Andrea die "Einsame Entscheidung", so der Titel der Folge, trifft, schon vor ihrem möglichen Hirntod ihre Organe zu spenden … im Wissen, dass sie den armen Martin zurücklässt, der dann – und das ist das Lebensbejahende am Bergdoktor – mindestens eine Folge lang trauert, ehe er die nächste Blondine flachlegt.


Apropos Dr. Gruber und die Blondinen … Brünetten … also … alle Menschen mit Brüsten, die sich nicht ausschließlich auf den Konsum von Bier zurückführen lassen. Kann mir mal bitte EINE emanzipierte Frau erklären, warum sich ausgerechnet dieser Dr. Gruber, der zugegebenermaßen beruflich in jeder Situation exakt den richtigen Satz raushaut, hinsichtlich seiner privaten Sozialkompetenz aber eine der größten narzisstischen, testosterongesteuerten Vollpfeifen aller Zeiten ist, so großer Beliebtheit erfreut? Bei den Männer verstehe ich es ja noch. Die mögen bzw. beneiden ihn, weil er mit seiner Scheiße immer durchkommt. Aber bei Frauen? Hm. Vermutlich muss ich das gar nicht verstehen ...


Egal, zurück zum Thema. Andrea opfert sich also im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte, um zwei Babys zu retten. Ja, das ist absurd und funktioniert nur beim Bergdoktor – und bei Dr. House ... okay, in Grey's Anatomy und Emergency Room auch, aber sonst nirgends … außer in General Hospital vielleicht … und in Chicago Hope und Rumänien – aber im richtigen Leben wird KEIN seriöser Arzt auf die Idee kommen, einem Patienten, aus vorauseilendem Gehorsam Organe zu entnehmen, um sie gewinnbringend an die Organmafia zu verkaufen … jedenfalls nicht, ohne vorher den Hirntod abzuwarten.


Aber genau das ist die Krux. Viele Leute haben diffuse Ängste, dass genau das passieren könnte. Diese Befürchtungen sind – sofern man nicht im Kongo oder Amazonasdelta das Zeitliche segnet – allerdings genauso absurd wie Andreas Entscheidung in der Serie. Anderen Menschen verbietet es ihr Glaube, Organe zu spenden. Das muss man respektieren, ob es Sinn macht, ist eine andere Frage. Und weil in Deutschland derzeit etwa 9500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan stehen, es 2018 aber nur gut 1000 Organspender gab, hat der Bundestag nun beherzt reagiert und ein neues Organspende-Gesetz verabschiedet … das sich auch der bayerische Kultusminister oder Andreas Scheuer hätte ausdenken können.


Der an sich durchaus vernünftige Vorschlag einer doppelten Widerspruchslösung von Gesundheitsminister Spahn wurde abgelehnt, und irgendwie bleibt jetzt alles beim alten, ABER … alle zehn Jahre werden wir zukünftig bei der Beantragung eines neuen Reisepasses mittels einer Broschüre auf die Möglichkeit der Organspende hingewiesen.


Yay! Das ist, als würde man einen Kettenraucher während der dritten Lungenresektion freundlich darauf hinweisen, dass der Konsum von Zigaretten möglicherweise schädlich sein KÖNNTE! Aber egal. Das neue Zauberwort heißt "Aufklärung". Allerdings verhält es sich damit vermutlich ähnlich wie mit den epochalen Ideen "Inklusion" und "Digitalisierung" an bayerischen Grundschulen, dem Russlandfeldzug Napoleons und dem Stapeln von Murmeln – es wird nicht funktionieren!


Wir wissen doch alle schon jetzt, wie wichtig es wäre, sich im Falle des eigenen Todes als Organspender zur Verfügung zu stellen. Trotzdem tun wir es nicht. Und Aufklärung allein wird daran leider nichts ändern. Ich finde, das Spenden von Organen sollte eine bewusste Entscheidung sein und nicht durch bloße Unterlassung unterlaufen werden. Niemand darf gezwungen werden, das ist klar, aber jeder von uns sollte die Entscheidung gegen eine Organspende selbst treffen ... vielleicht sogar mit den beiden Babys aus dem Bergdoktor vor Augen, denn Fiktion hin oder her ... so ist das Leben.


8500 weiteren Menschen könnte allein in Deutschland durch Organspenden geholfen werden. 8500 Menschen, Ehefrauen, Ehemännern, Kindern, Eltern, Angehörigen, Freunden … 8500 Menschen, denen ein neues Leben geschenkt würde und ein Vielfaches von 8500 Menschen, die plötzlich wieder eine Zukunft mit ihren Liebsten hätten ...


Niemand denkt gerne an den eigenen Tod, aber irgendwann klopft er bei jedem an die Tür und sagt ES WIRD ZEIT. GEHEN WIR … und wenn wir dann auf Binky in den Sonnenuntergang reiten, ist es doch vielleicht sogar ein ganz schöner Gedanke, in einem anderen Menschen noch ein bisschen weiterzuleben ...

Falls jemand fragt ... ja, ich habe auch so ein Ding ... Quelle: BZgA

















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