top of page
AutorenbildMilaidin

Bella Italia anno 80 IV

"Ah, schön ist es schon in Bello Italia", seufzte mein Vater, während er die Füße auf der Terrasse unserer süditalienischen Ferienwohnung hochlegte, genüsslich an seinem Merlot nippte und den Blick über die malerische Umgebung unserer "Hazienda" schweifen ließ. Nämliche Umgebung bestand aus dem leicht maroden Parkplatz unseres Anwesens und einem nicht minder maroden Verteilerkasten scharf rechts neben der Hofeinfahrt, der meine in der Küche unermüdlich werkelnde Mutter emsig mit Strom versorgte.


Um der Wahrheit Genüge zu tun, versorgte er – der Verteilerkasten – natürlich die Küche mit Strom, nicht meine Mutter. Die ist diesbezüglich nämlich bis heute autark und wird vorwiegend mit Bier betrieben.


Aber wie es nun mal so war in "Bello Italia", steckte der Teufel auch in unserem Fall im Detail, will heißen, in besagtem Verteilerkasten. Der gab nämlich völlig unvermutet mit einem lauten Knall und einem vesuvischen Feuerball den Geist auf und beraubte meine Mutter des für die Zubereitung des Abendessens – vermutlich Rouladen – dringend benötigten Stroms … und meinen Vater seiner nicht minder dringend benötigten Siesta. Mit der Ruhe war es nämlich schlagartig vorbei, als meine Mutter darauf bestand, dass mein Vater umgehend zum Manager unseres Villagios – einem freundlichen Klischeemafioso namens Signore Celentano – eilen und den Vorfall melden müsse.


Und so marschierte mein Vater mit mir und seinem geballten teutonischen Knowhow better – immerhin hatte er als Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn im weitesten Sinne auch regelmäßig mit größeren Strommengen zu tun – bei brütender Hitze von der obersten Reihe unserer hanglagigen Ferienanlage gefühlte 500 Höhenmeter talwärts, bis er schließlich mäßig gut gelaunt mit wehenden Fahnen und folgenden Worten in das Ufficio des arglosen Signore Celentano platzte ...


"Pronto! Ist der Gelati da?"


 Autsch. Da war er wieder, einer dieser Momente, in denen ich wahnsinnig gerne im Boden versunken wäre – wie am Vortag beim Tennisspielen, als mein Vater die gesamte Höhe des italienischen Himmels genutzt hatte, um die vier aus Deutschland importierten Bälle mit ganzer Kraft in die kampanische Macchia zu klopfen – auf Nimmerwiedersehen, versteht sich – um so das jähe Ende seiner noch jungen Tenniskarriere zu besiegeln. Vor den mitleidigen Blicken unserer deutlich tennisaffineren Urlaubsnachbarn auf dem Nebenplatz, versteht sich. Mann, war mir das peinlich … versteht sich.


Aber zurück zu unserem aktuellen Himmelfahrtskommando. Zu meinem Glück erkannte die Sekretärin von besagtem Signore Celentano gedankenschnell meine verzweifelten Versuche, nach Hogwarts oder wenigstens in den Kohlenkeller von Moria zu disapparieren, und drückte mir freundlich ein Eis in die Hand. "Si, naturalmente." Und mit gespielter Unschuld an meinen Vater gewandt: "Come posso aiutarla?"  Dieses Biest. Die wusste doch genau, dass mein Vater nur Bahnhof versteht – Eisenbahner halt.


Das focht oder fichtete meinen Vater allerdings keineswegs an. Nein, der tat einfach so, als hätte er die Frage der freundlichen Dame verstanden und erklärte ihr wortreich, dass wir "no Stromo" hätten – und das, obwohl er Alien bis heute nicht gesehen hat  –,  weil der "Verteilo bumm" und deshalb wir jetzt "no mangiare". Tja, ich habe ihn verstanden. Was ich allerdings nie verstanden habe, war der Umstand, dass keine 20 Minuten nach unserer Rückkehr in unsere Finca ein Elektriker in den Hof spazierte. Ein Fuchs war er schon, mein Vater ...


Was besagter Elektriker dann allerdings anstellte, ist eine andere Geschichte ...

Okay, das Bild ist im Vintage-Look, aber lustig war es schon immer mit meinen Eltern ...




51 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Pilzkrise

Bella Italia anno 80 II

Comments


bottom of page